Rainer M. Schröders Biografie

von Rainer M. Schröder selbst erzählt, Auszug aus einer Rede


Das Licht der Welt erblickte ich 1951 in Rostock an der Ostsee – was vielleicht meine große Liebe zum Meer erklärt. Dass wir jetzt in Florida am Atlantik wohnen, ist daher wohl kein Zufall. Aufgewachsen bin ich mit meinen beiden älteren Brüdern in Ost-Berlin. Kurz vor dem Bau der Mauer floh ich mit meiner Familie bei Nacht und Nebel in den Westen – mein erstes großes Abenteuer, das mit zu den besonders starken Prägungen meines Lebens zählt.


Nach einem Jahr Lagerleben und einem kurzen Aufenthalt in Dortmund wurde Düsseldorf für ein gutes Dutzend Jahre meine Zwischenheimat. Dort machte ich 1971 am alt-humanistischen Humboldt-Gymnasium das Abitur. Zeitgleich erhielt ich drei Jahre lang eine intensive Operngesangsausbildung im Düsseldorfer Belcanto-Gesangssstudio der Opernsängerin Miriam Röhrich-Hülskötter, denn Opernsänger zu werden war mein größter leidenschaftlicher Berufswunsch, zumal ich auch mit dem entsprechenden Talent gesegnet war.


Aber da schlug das Leben mal wieder einen entscheidenden Haken – und zwar in Form einer väterlichen Erziehungsanweisung und Weichenstellung für die Zukunft. "Sohn", hieß es da aus dem Mund des einstigen Chefarztes der berühmten Ostberliner Charité-Klinik, "Sohn, du hast nun drei Jahre lang deiner künstlerischen Neigung gefrönt. Nun wird es Zeit für den Ernst des Lebens, es ist Zeit, den Fußspuren deines Vaters und deiner Brüder zu folgen, zu studieren und einen seriösen, akademischen Beruf zu ergreifen!" Und hier sei hinzugefügt, dass ein "Schröder" sozusagen erst mit dem Doktortitel so richtig ins Leben tritt.


Nun, ich beugte mich dem elterlichen Wunsch, wie ich heute mit einer paradoxen Mischung aus Bedauern und Dankbarkeit sagen muss, und unternahm den ernsthaften Versuch, ein seriöses Berufsziel in Angriff zu nehmen. Zuerst aber rief mich die Bundeswehr zum Staatsdienst in Uniform, denn meine beiden älteren Brüder hatten sich erfolgreich davor gedrückt. Da ich also auf jeden Fall einrücken musste, unterschrieb ich gleich einen Zeitvertrag für 2 Jahre und erhielt so wenigstens die Offiziersausbildung und ein anständiges Gehalt.

Das Schreiben war schon seit der Pubertät meine zweite große Neigung, ja vielleicht sogar mehr noch ein Bedürfnis gewesen. Ich habe Tagebuch geführt und meine ersten längeren Geschichten und gut 250-schreibmaschinenseitenlange Romane schon mit 17 Jahren zu Papier gebracht. Nach meiner Entlassung aus der Bundeswehr hatte ich bis Studienbeginn noch ein halbes Jahr Zeit. Ich volontierte deshalb bei der RHEINISCHEN POST in Düsseldorf, erst im Politikresort und dann in der Lokalredaktion. Dort lernte ich als Reporter, der jederzeit über alles und jedes zu schreiben bereit und fähig sein muss, einen Gutteil meines Handwerks.


Ich lieferte auch weiterhin Artikel, während ich in Köln Jura studierte. Doch da ich mich beim besten Willen nicht als Richter, Anwalt oder Firmenjurist vorstellen konnte, belegte ich noch die Fächer Germanistik sowie Theater- Film und Fernsehwissenschaft. Nach 7 Semestern Uni und einem Dutzend Hörspielen, Theaterstücken und Romanen, die zu meiner damaligen Empörung und meinem völligen Unverständnis niemand ankaufen und verlegen wollte, geschah dann im Winter 1976 eines der großen AHA-Erlebnis in meinem Leben: Der Franz Schneider Verlag kaufte mir meinen ersten Jugendroman In die Falle gelaufen ab.


Ich schwebte auf der 7. Wolke. Ich war fünfundzwanzig, stand in jener Zeit vor meinem ersten Staatsexamen – und tat dennoch den damals geradezu tollkühnen Schritt, meine Studien an den Nagel zu hängen. Dass ich meinen ersten Roman bei einem so großen Jugendbuchverlag untergebracht hatte, sagte mir, dass ich vielleicht wirklich das Zeug als Autor in mir hatte – the right stuff, wie die Amerikaner sagen. Und da ich eine sehr risikofreudige, abenteuerliche Natur bin und stets alles mit 100 % machen möchte, beschloss ich, mich von nun an völlig auf das Schreiben zu konzentrieren.


Ich schrieb in den ersten Jahren viel "Kleinkram" für Zeitungen, Zeitschriften und den WDR-Rundfunk, um mich finanziell über Wasser zu halten. Wichtige Fingerübungen, wie ich es heute nenne. Jugendromane erschienen in den Verlagen Franz Schneider, Stalling und Wilhelm Heyne. Es folgten gegen Ende meiner Twenjahre ein kurzes Gastspiel als Theaterautor für das Theater in Nürnberg sowie 1977 neun Monate in einem Verlag als Lektor. Ich wollte einfach mal wissen, wie es in einem Verlag zugeht. Als ich dann die Einladung eines Freundes zu einem 7wöchigen Aufenthalt auf Bermuda erhielt und mein Verlag natürlich nicht daran dachte, mir unbezahlten Urlaub zu geben, da kündigte ich auf der Stelle – und flog nach Bermuda. Und seit diesem Tag führe ich das riskante und aufregende Leben eines freischaffend-freischwebenden Schriftstellers.


Nun zum Stichwort Abenteuer: Meine erste Soloreise führte mich mit 15 Jahren nach London, wo ich bei einer englischen Gastfamilie die Sommerferien verbrachte und mein Englischkenntnisse verbesserte. Auch in den nächsten Sommerferien lebte ich wieder bei einer englischen Familie in London. Es war die goldene Zeit der Flower-Power-Ära. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich vergessen habe zu erwähnen, dass ich einige Jahre lang auch Gitarrist und Sänger in einer Rockband namens Union Jack war. Später schrieb ich einige Musiksachbücher, darunter die Biographie der Scorpions, mit denen ich befreundet war, die ich auf Tourneen in Frankreich, England und Kalifornien begleitet und mit denen ich Wochen im Plattenstudio verbracht habe. Das als Randanmerkung.


Nach meiner Zeit bei der Luftwaffe kam ich zum erstenmal nach Amerika. Mit dem Rucksack bereiste ich 3 Monate lang die USA – mit Greyhound-Bussen und per Anhalter ging es kreuz und quer durch die Staaten, von Küste zu Küste und bis in die Karibik hinunter.


Im Jahr 1980 hatte ich mir einen bescheidenen Namen als Jugendbuchautor gemacht, wollte aber nicht schon mit 29 Jahren an den Schreibtisch gekettet sein und dem Erfolg und Geld hinterherjagen. Meine Frau Helga und ich, wir wollten die Welt sehen. "Zum Teufel mit Geld und Karriere!", sagten wir uns und beschlossen zum Entsetzen unserer Eltern und unserer Freunde aus der Branche, einmal um die Welt zu reisen – arbeitend mit der Schreibmaschine im Gepäck natürlich und ganz bescheiden. Denn finanziell waren wir alles andere als auf Rosen gebettet. Aber unsere Träume waren und sind uns wichtiger als Geld und Ruhm.


Sieben Jahre setzten wir für diese Reise an. Man prophezeite mir das Ende meiner Karriere, weil ich doch bei den Verlagen gerade erst den Fuß gefasst hatte. Man würde mich sehr schnell vergessen, hieß es. "Okay, dann fange ich eben wieder von vorn an, wenn wir zurückkommen", sagte ich mir. Wir gaben unsere Dachwohnung in München auf, flogen mit ein paar Kisten nach El Paso, Texas, kauften dort einen alten Geländewagen und einen Wohnanhänger und bereisten damit die USA fast ein Jahr lang von Ost nach West und von Nord nach Süd.


Es war unsere erste große Zeit unglaublicher Abenteuer, auf die wir uns einließen. Den Winter verbrachten wir auf Key West, einer subtropischen Insel 200 Kilometer südlich von Miami im Golf von Mexico. Mit dem wohl berühmtesten und erfolgreichsten Schatztaucher der Welt – Mel Fisher – lebten wir auf der Virganola, einem alten Fischkutter, zwischen Florida und Kuba. Ich tauchte mit den schwerbewaffneten Profitauchern von Mel nach den Schätzen der vor 400 Jahren gesunkenen spanischen Schatzgaleone ATOCHA bei den Marquesas Inseln. Mel holte mit seinen wechselnden Mannschaften im Laufe von 25 Jahren Gold, Silber und Juwelen im Wert von über 700 Millionen Dollar vom Meeresboden hoch – die Schatzsuche in den gefährlichen Gewässern kostete aber auch vielen das Leben. Unter den Opfern befanden sich seine Tochter und sein Schwiegersohn sowie ein Fotograf des berühmten Magazins National Geographic.


Während unseres Törns betrug die Ausbeute 52 Silbermünzen, 5 Goldmünzen, eine Goldbrosche und eine 2 Pfund schwere Goldkette. Gesamtwert etwa DM 200.000. Behalten durften wir davon natürlich nichts. Doch die Abenteuer an Bord und unter Wasser waren mir viel mehr wert. Später schrieb ich darüber den Abenteuerroman für Erwachsene Das Goldriff, der im im Herbst 2000 Arena Verlag als Taschenbuch unter dem Titel Der Schatz der Santa Maravilla wieder neu aufgelegt worden ist. Die Idee zu dem Abenteuerthriller Der letzte Flug der Hurricane, der ebenfalls bei Knaur erschien und auf den Keys sowie auf den Bahamas spielt, verdanke ich eigenen Taucherlebnissen und den Geschichten, die in jener Zeit abends an Bord des alten Kutters erzählt wurden.


Es folgten weitere Abenteuer und Mutproben, zu denen auch ein Fallschirmabsprung aus 12.000 Fuß Höhe gehörte. So durchquerten wir in 8 Tagen die gewaltige Sumpf- und Mangrovenwildnis der Everglades – allein und mit dem Kanu, in dem wir auch jeden Tropfen Trinkwasser mitnehmen und täglich sieben bis acht Stunden kräftig paddeln mussten, um die nächste kleine Stelle festen Landes zu erreichen, wo wir unser Zelt aufschlagen konnten. Dies waren meist die ehemaligen Camps der Seminolen-Indianer, die während der Indianerkriege dort vor den US-Soldaten Schutz fanden.


Ein weiteres Abenteuer war der sehr gefährliche Aufenthalt in einer Goldmine, die hoch in den Bergen der Sierra Nevada in einem versteckten Seitental lag. Die Ausbeute eines Tages betrug etwa $ 2.000 in Goldstaub und Goldflocken. Doch der junge Mann, der die alte Goldmine von einem Halbindianer namens Eaglehead geerbt hatte, war zu gierig und zeigte leider nicht dessen Umsicht. Er vernachlässigte die Abstützarbeit. Als dann eines Tages ein Teil der Stollendecke einbrach, hielten Helga und ich die Tatsache, dass ich bei diesem Einsturz mit dem Schrecken davongekommen war, für ein deutliches Zeichen, unsere Sachen zu packen und weiterzuziehen. Nur mit unserem Geländewagen, aus dem wir die Hintersitze ausbauten und so Platz zum Schlafen schafften, fuhren wir auf der mexikanischen Halbinsel Baja California bis nach La Paz hinunter.


In sieben Jahren einmal um die Welt – das war unser Plan. Nach dem ersten Jahr USA wollten wir in die Südsee und nach Sri Lanka, wo wir schon eine Hütte am Strand organisiert hatten. Unser Wohnwagengespann hatten wir an einen befreundeten Kollegen verkauften. Wir wollten das rollende Heim in Kalifornien übergeben, wo wir uns auf einem amerikanischen Autorenkongress verabredet hatten. Auf dem Weg dorthin kamen wir durch Virginia. Die rolling hills, das Shenandoah Valley, die Blue Ridge Mountains – und all das im Frühjahr verzauberte uns. Wir machten an dem riesigen Smith Mountain Lake, dessen Küstenlinie 800 km beträgt, kurz Station – und kauften tags darauf innerhalb von 2 Stunden eine heruntergekommene, seit Jahren verlassene alte Farm auf einer Halbinsel mit 7 Morgen Land und viel Wald.


Die Farm, deren Renovierung, Aus- und Umbau wir nun in Angriff nahmen – mit typisch deutschem Eifer, wie man uns versicherte und zum Glück ohne zu wissen, auf was wir uns da eingelassen hatten! – sollte nur das Hauptquartier zwischen den Reisen sein. Aber dann setzte eine faszinierende Kettenredaktion ein: Denn was ist eine Farm mit 7 Morgen Land und Wald und einer Riesenscheune mit Stallungen ohne Tiere? Zuerst legten wir uns einen Hund, einen Golden Retriever namens Ben zu, dann Jenny, eine Labradorhündin, – und ein halbes Jahr später hatten wir 8 Hundebabies. Es folgten Katzen – bald auch mit Nachwuchs -, 14 Hühner, drei Schafe – die Lämmer warfen-, drei Schweine sowie fünf Rinder, die wir als drei Tage alte Kälber kauften und buchstäblich mit Finger und Milchflasche großzogen.


Wir bauten im Haus um und an, rodeten Land, fällten Bäume, legten Weiden an, zogen meilenlange Holzzäune, die wir weiß anstrichen, machten bei befreundeten Farmern Heu, gingen auf Viehauktionen, waren im Winter tagelang eingeschneit – und bauten die alte Farm in 3 Jahren zu einem Schmuckstück um, neben dem Schreiben, das uns immer gerade so über Wasser hielt. Nach 3 Jahren zwangen uns private Gründe vorübergehend zurück nach Deutschland. Wir verkauften unsere Dogwood Farm – und flogen ersten einmal zu einer dreimonatigen Abenteuerreise nach Brasilien. Wir bereisten das riesige Land mit Landrovern, Booten, alten Klapperkisten und Flugzeugen, wobei unsere Schwerpunkte auf der Fahrt den Amazonas flussaufwärts, dem Aufenthalt im Dschungel bei den Indios und dem damaligen Wilden Westen von Rhondonia sowie dem Pantanal lagen.


Danach Rückkehr nach Deutschland, wo wir uns in Wipperfürth, östlich von Köln im Bergischen Land niederließen. Doch schon 2 Jahre später, als unsere Abenteuerlust uns zu einem neuen Aufbruch drängte, kauften wir ein Wohnmobil, das wir per Frachter nach Amerika verschifften. Mit einem anderen polnischen Containerfrachter überquerten wir in 12 eisigen Märztagen während der Winterstürme den Nordatlantik – von Bremerhaven über Le Havre nach Halifax, Nova Scotia und dann die Küste hinunter nach New York. Ein unvergessliches Abenteuer allein schon wegen der schweren Stürme, aber auch wegen der Wale, die uns vor der Küste von Nova Scotia eine Zeitlang begleiteten.


Es folgte wieder ein Jahr, das wir arbeitend und kreuz und quer durch die USA reisend mit unserem Wohnmobil on the road verbrachten und Abenteuer erlebten, die Bücher füllen könnten – und manche Anregung für spannende Romane gaben. Dann wieder Deutschland. In den Jahren darauf unternahmen wir mehrere große Abenteuer- und Recherchenreisen durch die Länder des südlichen Afrika, nämlich durch Südafrika, Zimbabwe und Botswana mit einem Abstecher zu den Buschmännern in die Kalahari-Wüste. Es folgten Reisen nach Ägypten und immer wieder in die USA und nach Kanada – und stets alles auf eigene Faust.


Im Jahr 1995 ging es für 8 Monate nach Hong Kong und Australien. In Sydney kauften wir uns einen gebrauchten Mini-Wohnwagen von der Größe eines VW-Busses. In diesem Miniwagen haben wir ein halbes Jahr gelebt und in der Zeit den australischen Kontinent einmal im Uhrzeigersinn umrundet und einmal von Nord nach Süd durchquert – sozusagen mitten durch das rote Herz von "down under", wie man Australien ja auch nennt. Es war die physisch wie psychisch anstrengendste Reise unseres Lebens.


Insgesamt kamen dabei 25.000 Kilometer Landstraße und Piste auf den Tacho. Die Recherchenausbeute betrug neben 2.000 Fotos 25 Kisten voll mit Sachbüchern und Tausenden Fotokopie aus zahlreichen Bibliotheken und Archiven. Unter dem Jacarandabaum (von der Bundeszentrale für politische Bildung in der Borschüre "Das 20. Jahrhundert in 100 Romanen" aufgenommen in die Liste der 100 lesenswerten Romane der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts) erschienen unter meinem zweiten Autorennamen Ashley Carrington (der in meinem Pass eingetragen ist und unter dem ich seit 1984 für ein erwachsenes Publikum historische Gesellschaftsromane für den Droemer Knaur Verlag schreibe), war das erste Ergebnis dieser letzten großen Abenteuerreise. Die beiden Arena-Romane Die wahrhaftigen Abenteuer des Felix Faber sowie der Folgeband Felix Faber – Übers Meer und durch die Wildnis sind nun das zweite Kind unserer ganz eigenen Eroberung des roten Kontinents.


Eine halbjährige Motorhomereise, die uns 1996 durch den Nordosten der USA sowie Kanadas bis hoch hinauf nach Prince Edward Island im St. Lorenz Strom geführt hat, brachte mich dazu, den historischen Abenteuerroman Mein Feuer brennt im Land der Fallenden Wasser zu schreiben. Zur Zeit arbeite ich an einem Roman für meine erwachsenen Ashley Carrington-Leser, der größtenteils auf Prince Edward Island in der Zeit von 1933 – 1968 spielt. Dieser Roman mit dem bisherigen Arbeitstitel Insel im blauen Strom wird im Droemer Knaur Verlag erscheinen, voraussichtlich im Frühjahr 1999.


Dies war ein nun wirklich nur sehr grober Überblick, bzw. Einblick in mein, in unser bisheriges Leben... 

Rainer M. Schröder im Portrait

Im Handgepäck die Botschaft


Ursula Mich portraitiert Rainer Maria Schröder


Rainer Maria Schröder ist ein Mann mit vielen Neigungen. Er hat u.a. Gesang, später Jura und Theaterwissenschaften studiert und als Lokalreporter gejobt, bevor er Schriftsteller wurde. Kein Wunder, dass ihm ein einziger Name nicht genügt. Während er seine Jugendbücher unter seinem bürgerlichen Namen schreibt, ist er für seine erwachsenen Leser Ashley Carrington. Verfasser von Familiensagas und Gesellschaftsromanen. Unsere Autorin traf Schröder, der den größten Teil des Jahres in den Vereinigten Staaten lebt, während einer Mamut – Lesereise durch Deutschland.


Trotz 97 Lesungen in 47 deutschen Städten in nur neun Wochen, gekrönt vom strapaziösen Besuch der Frankfurter Buchmesse, macht Rainer Maria Schröder während des Gesprächs einen entspannten und gleichzeitig aktiven Eindruck: Ermüdungserscheinungen während der Lesereise würden durch engagierte Fragen seiner Zuhörer/innen aufgefangen. Lesungen seien zwar strapaziös, meint der Autor, aber natürlich sei es schön zu sehen, etwas bewegt zu haben und auch seinen Verlagen und dem Buchhandel für das Engagement zu danken. Wie Schröder das sagt, glaubt man ihm aufs Wort.


Rainer Maria Schröder und seine Frau leben den größten Teil des Jahres in Palm Coast, Florida, dort, wo das Lebensfrohe überwiegt, er "just Rainer" ist. Dort sei er keine Berühmtheit und müsse nicht dem Jahrmarkt der Eitelkeiten frönen. Will Schröder jedoch seine deutsche Fangemeinde treffen, muß er reisen.


Damit sind wir schon mittendrin in seiner Biographie, die sich genauso spannend anhört wie sich das Leben seiner Protagonisten/innen liest: 1951 geboren, war ihm das Schreiben schon früh ein Bedürfnis. Mit 13 Jahren verfaßte er Gedichte, Short Stories und Hörspiele. Seinen musischen Neigungen folgend, absolvierte er parallel zum Abitur eine dreijährige Ausbildung für Operngesang in den Fächern Tenor/Bariton. Nachdem er zwei Jahre bei der Luftwaffe war, arbeitete er als Lokalreporter für die Rheinische Post, diverse Zeitschriften und den Rundfunk. Gleichzeitig studierte er Jura sowie Fernseh-, Film- und Theaterwissenschaften in Köln und reichte mit 25 Jahren sein erstes Manuskript ein. Seit dieser Zeit lebt er als freier Schriftsteller.


Beeinflußt von Jack London, Friedrich Gerstäcker, Mark Twain und Joseph Conrad, die er bewundert, machte er sich zusammen mit seiner Frau im Wohnmobil zu einer Tour um die Welt auf. Beide bereisten u.a. die Everglades, den stürmischen Nordatlantik, die australische Wildnis und lebten als Hobbyfarmer in Virginia. Wichtiger als Geld und Sicherheit war beiden, ihren Traum vom einfachen Leben zu verwirklichen. Nur wenn man sich in Prüfungen kennenlernt, meint der überzeugte Christ Schröder, findet man zu sich. Diese Einstellung teilen die Hauptpersonen seiner Bücher mit dem Autor. Ob sie Abby, Felix, Jonathan oder Jakob heißen, alle müssen Prüfungen bestehen, bevor sie sich und die ersehnte Freiheit finden.


Rainer Maria Schröder ist überzeugt, dass ein Schriftsteller letztlich das schreiben kann, woran sein Herz hängt. Außerdem müsse der Autor sein Talent wie einen Rohdiamanten schleifen und formen. Schreiben sei ein Prozeß, der ausgeübt werden müsse wie ein Handwerk. Das versucht er, auf seinen Lesereisen zu vermitteln und auch, dass Erfolg immer hart erarbeitet werde. Seine Botschaft, dass der Sinn des Lebens durch Glaube, Hoffnung, Liebe und Toleranz zu finden sei, kommt an.Viele Briefe belegen das.


Rainer Maria Schröder schreibt, woran er glaubt. Dabei siedelt er Themen gern in der Vergangenheit an. Ohne Vergangenheit könne man Gegenwart und Zukunft nicht verstehen, sagt er. Und im übrigen konzentriert sich Schröder nicht nur auf die Jugendliteratur. Unter dem Pseudonym Ashley Carrington schreibt er für Droemer Knaur Familiensagas und Gesellschaftsromane.


Schröder findet seine Ideen – und er sprudelt nur so davon- während seiner Reisen. Oft sind geschichtliche Ereignisse Aufhänger für seine Romane. Bei dem im Frühjahr erscheinenden Jugendbuch Mein Feuer brennt im Land der Fallenden Wasser erzählt Rainer Maria Schröder z.B. die Lebensgeschichte der Mary Jemison, die von indianischen Shawaneekriegern verschleppt und an den Stamm der Seneca verkauft wurde, ein Ereignis, das historisch gut dokumentiert ist. Wie in seinen früheren Romanen ist das Thema nicht nur gründlich recherchiert, die Geschichte ist auch spannend erzählt und psychologisch einleuchtend.


Schröder ist in vielfacher Hinsicht ein Reisender. Gleichzeitig aber ist er auch ein Botschafter, der Verständnis nicht nur für andere Zeiten, sondern auch für andere Kulturen und Religionen vermittelt.


Aus: Bulletin Jugend & Literatur, Januarausgabe 1998

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